Handwerk entlasten! - Wirtschaftsmacht von nebenan von Regelwahn und Bürokratie entfesseln

I. Ausgangslage

Das Handwerk ist der bedeutendste und vielseitigste Wirtschaftszweig in Nordrhein-Westfalen. In nordrhein-westfälischen Handwerksbetrieben arbeiten knapp 1,2 Millionen Beschäftigte. Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz von über 159 Milliarden Euro. Das Handwerk als der größte Ausbilder in Nordrhein-Westfalen trägt wesentlich dazu bei, dass die nordrhein-westfälische Wirtschaft auch in Zukunft konkurrenzfähig bleibt. Das duale Bildungssystem mit seiner Kombination von betrieblicher Praxis und theoretischem Unterricht sichert dabei die hohe Qualität der Ausbildung im Handwerk. Damit ist das Handwerk insbesondere für den nicht-akademischen Nachwuchs der Weg zu wirtschaftlichem Wohlstand und gesellschaftlichem Ansehen.

Der wachsende Fachkräftemangel und hohe Bürokratielasten in Nordrhein-Westfalen stellen für die zahlreichen Handwerksbetriebe erhebliche Herausforderungen dar, ohne deren Bewältigung auch die Konkurrenz- und Zukunftsfähigkeit der mitten in der Transformation befindlichen nordrhein-westfälischen Gesamtwirtschaft gefährdet ist. Bürokratie und Mitarbeitermangel verstärken sich gegenseitig und hemmen den Unternehmergeist im Handwerk. Laut aktueller Umfrage unter Jungmeistern im größten Kammerbezirk des Landes Düsseldorf Rhein-Ruhr-Wupper plant mittlerweile nicht einmal mehr jeder zweite neue Handwerksmeister eine Gründung. Mehr als 58 Prozent der Jungmeister nennen bürokratische Belastungen als Hindernis für eine Betriebsgründung. Neben zahlreichen Handlungs-, Berichts- und Dokumentationspflichten aus dem Datenschutz, dem Abfallrecht und dem Verpackungsgesetz gesellen sich aktuell noch neue Nachhaltigkeitsnachweispflichten hinzu. Handwerksmeister verbringen mehr Zeit am Schreibtisch als auf der Baustelle oder bei den eigenen Kunden. Gerade Handwerksbetriebe sind in der Masse Kleinbetriebe, bei denen der Chef selbst die Büroarbeit verrichten muss. Die Pflicht ständig und immer Formulare auszufüllen, schreckt von einer Betriebsgründung oder einer Betriebsübernahme ab. Nur mit einer solchen entstehen jedoch zusätzlich neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Die Zahl der Existenzgründungen ist in vielen Kammerbezirken so gering wie schon lange nicht mehr. Viele Jungmeister finden mittlerweile das Angestelltendasein ohne unternehmerisches Risiko deutlich attraktiver.

An Fördermaßnahmen für das Handwerk mangelt es hingegen nicht. Laut aktuellem Handwerksbericht des Landes haben Land, Bund und EU in den vergangenen zwei Jahren das Handwerk mit 180 Millionen Euro gefördert. Der Anteil Nordrhein-Westfalens betrug dabei rund 73 Millionen Euro. Durch den Bund wurde zwischenzeitlich das Meister-BaföG erhöht. Nordrhein-Westfalen investiert seit 2019 verstärkt in überbetriebliche Bildungszentren. Die Meistergründungsprämie wurde auf 10.500 Euro erhöht. Eine Meisterprämie für den erfolgreichen Abschluss einer Meisterausbildung in Höhe von 2.500 Euro wurde ebenfalls in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Förderung bedeutet jedoch auch immer Formular- und Antragspflicht. Um eine Förderung zu erhalten, müssen Unterlagen eingereicht, nachgereicht und Förderbescheide abgewartet werden. Sehr häufig müssen angehende Meister in Nordrhein-Westfalen bis zu zehn Monate auf die Auszahlung von Prämien und Förderungen warten. Das ist für viele Betroffene, die im Schnitt 1.500 Lehrgangsstunden in Vollzeit bis zum Meisterbrief absolvieren, kaum zumutbar, ist das Geld doch in dieser Zeit entsprechend knapp und gilt es häufig eine Familie zu ernähren. Die hohe Bürokratielast darf nicht zum Jobkiller werden. Statt weiter immer neue Förderprogramme aufzulegen, sind bürokratische und steuerliche Entlastungen für die vielen Handwerkerinnen und Handwerker sowie Handwerksbetriebe dringend vonnöten. Nur so kann eine neue Gründungsdynamik und neue wirtschaftliche Potentiale im Handwerk entfesselt werden.

II. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  • ein Belastungsmoratorium für die gesamte Legislaturperiode für Handwerk, Mittelstand und Industrie zu veranlassen.
  • jährlich ein landeseigenes Bürokratieabbaugesetz für einen automatisierten Bürokratieabbau in den Landtag einzubringen, dass insbesondere die Bürokratieentlastung von Kleinst- und Kleinbetrieben adressiert.
  • alle Potentiale zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren auf Landesebene auszuschöpfen und jährlich über die Fortschritte dem Landtag Bericht zu erstatten.
  • das Handwerk zu unterstützen, die mittelbaren Berichts- und Dokumentationspflichten durch die Nachhaltigkeitsberichtserstattungsrichtlinie (CSRD) möglichst aufwands- und bürokratiearm auszugestalten.
  • die Grunderwerbsteuer schrittweise auf 3,5 Prozent zu senken, um den Erwerb von Gewerbeflächen und Gewerbeimmobilien für Betriebsübernahmen und Neugründungen anzureizen und zu vergünstigen.
  • ein unbürokratisches Flächenmodell bei der Grundsteuer einzuführen.
  • den Eigenanteil an den Kurs- und Prüfungsgebühren für den Meister zu verringern, damit eine gleichwertige Finanzierung von akademischer und beruflicher Bildung gefördert wird.
  • sämtliche Meisterförderungen zu bündeln, zu vereinfachen und zu digitalisieren.
  • zum 1. Januar 2025 einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen und das Once-Only-Prinzip zu schaffen.
  • die Einführung eines verpflichtenden Praktikums in einem Ausbildungsberuf im Unterricht der Sekundarstufe zu prüfen, sodass eine Tätigkeit in Handwerk, Facharbeit oder anderen Ausbildungsberufen erfahrbar gemacht werden kann.